Unser Zukunftsbild Wohnen

Jedes Zukunftsbild einer Branche besteht aus fünf Qualitäten, die wir als zentrale Hebel des sozial-ökologischen Wandels innerhalb der Branche identifiziert haben. Jede einzelne Qualität greift mediale, wissenschaftliche und gesellschaftspolitische Aspekte auf und eröffnet in Verbindung mit den übrigen Qualitäten eine Diskussion für eine gemeinsame Gestaltung unserer Zukunft.

Eine Grafik, die die Qualitäten und Wirkindikatoren für das Zukunftsbild der Branche Soziales und Gesundheit darstellt.

Unsere Wirkung in der Branche Wohnen

Finanzierung der sozial-ökologische Bauwende

Mit unserem Zukunftsbild für die Branche Wohnen beschreiben wir, wie wir durch unsere Finanzierungen die sozial-ökologische Bauwende unterstützen und welche Aspekte des guten Wohnens für Mensch und Mitwelt wir als wesentlich erachten. Neben den sozialen Komponenten wie gerechten (Miet-)Preisen, Mitsprache der Mieter*innen, positive Auswirkungen auf die Nachbarschaft und das soziale Miteinander, achten wir insbesondere auf nachhaltige Baustoffe und klimaverträgliches Wohnen. Im Fokus unserer Finanzierungen stehen gemeinschaftliche Wohnprojekte jeglicher Rechtsform, die ein selbstbestimmtes (und oftmals selbstverwaltetes), generationenübergreifendes Wohnen ermöglichen. Daneben finanzieren wir private Baufinanzierungen (inklusive Baugruppen) sowie nachhaltige Gewerbeimmobilien.
Die verschiedenen Dimensionen unseres Zukunftsbildes verstärken sich teilweise gegenseitig. So gehen Nutzungsrechte und bezahlbarer Wohnraum oft Hand in Hand. Zum Beispiel wenn wir unsere Kund*innen darin bestärken, auf Profitorientierung zu verzichten oder wir uns für die Umsetzung genossenschaftlicher Wohnprojekte einsetzen. In anderen Fällen stehen sich gegensätzlich wirkende Interessen gegenüber. Ein Beispiel sind energetische Sanierungen, die sich langfristig rentieren und die Warmmiete senken können. Kurzfristig können diese aber zu Preissteigerungen führen, wenn die Investitionen über die Miete finanziert werden. Es ist uns ein Anliegen, die unterschiedlichen Dimensionen in jedem Fall abzuwiegen, positive Aspekte zu fördern und im Idealfall unter einen Hut zu bringen.

Planetare Grenzen erfordern ein Umdenken in der Baubranche hin zu natürlichen und wiederverwendbaren Rohstoffen. Wir brauchen eine Architektur, die auf langfristige und flexible Nutzung ausgerichtet ist und Energieeffizienz sowie -erzeugung durch die Immobilien selbst. Die Energiekrise hat sowohl Konsument*innen als auch die Regierung zu einem Umdenken bewegt: Förderungen für Sanierungen laufen weiter und sind weiterhin sehr gefragt. Außerdem gibt es Gesetzesentwürfe, die darauf abzielen, dass Wärmepumpen und andere Energiequellen, die nicht auf fossile Brennstoffe angewiesen sind, zunehmend attraktiver werden.

Die hohe Bedeutung von Nachhaltigem Bauen ist in unserem Zukunftsbild festgeschrieben. Der Immobilienboom der letzten Jahre scheint sich nach der Zinswende der EZB zu beruhigen. Damit geht eine Hoffnung auf geringere Flächenversiegelung einher. Aus Kostengründen wir zu oft noch auf konventionelle Bauweisen gesetzt, die mit einem hohen Rohstoff- und Energieaufwand einhergehen. Da es in Deutschland kaum Bevölkerungswachstum gibt, ist die Sanierung von bereits bestehendem Wohnraum oft die sinnvollste Methode, um Wohnraum zu verbessern und gleichzeitig den Energieverbrauch zu senken.
Dem Trend zu starker Homogenität in Stadtvierteln wollen wir durch die Förderung der Sozialen Vielfalt entgegenwirken. Denn: Die Stadt gehört allen. Soziale Vielfalt erlaubt Austausch, Kreativität, Offenheit, Mitbestimmung. Auch dem Gefühl einer gespaltenen Gesellschaft, dass sich durch aktuelle Krisen verstärkt hat, können wir dadurch entgegen wirken.

Ein weiteres Spannungsfeld sind die steigenden Kosten für Wohnraum. Obwohl Grund und Boden nach Artikel 15 Grundgesetz einen Sonderstatus genießen, ist Wohnraum in Zeiten von Nullzinsen vor allem in Städte zu einem der interessantesten Spekulationsobjekte für Wohlhabende geworden. Boden ist vielmehr ein Nutzungsrecht als eine handelbare Ware. Deshalb machen wir uns stark für Bezahlbaren Wohnraum. Diese Krise ist mittlerweile auch in vielen ländlichen Regionen spürbar und in Hotspots wie München, Berlin oder Frankfurt haben Immobilienpreise längst ein verträgliches Maß überschritten. Spekulationen und Investitionen von vermögenden Privatpersonen und Konzernen nehmen selbst Menschen mit mittleren Einkommen die Möglichkeit, ihren Wohnraum frei zu wählen. Migrant*innen werden auf dem Wohnungsmarkt zusätzlich diskriminiert. Kulturschaffende, die ein Quartier attraktiv gemacht haben, ziehen auf der Suche nach Vielfalt, Kreativität und bezahlbarem Wohnraum weiter. Wir setzen uns ein für ein angemessenes Verhältnis zwischen Einkommen und Mietkosten und für eine bedarfsgerechte Wohnfläche.

Deutschland ist das Land in der EU mit der geringsten Eigentumsquote von Wohnraum.1 Deshalb ist es besonders wichtig Eigentum, oder Teilhabe an Wohnungsbaugenossenschaften zu ermöglichen und Mieter*innen ein faires Nutzungsrecht ohne Befristung zu gewährleisten. Wohnen als Grundbedürfnis des Menschen benötigt einen besonderen Schutz z.B. einen Kündigungsschutz, der mehr bietet als das gesetzliche Mindestmaß. Neben rechtlichen Aspekten wollen wir in unseren Projekten die Mitbestimmung der Menschen gezielt fördern und ermöglichen. Insbesondere bei großen Wohnungskonzernen können sich die Mieter*innen oft kaum in ausreichendem Maße in Entscheidungsprozesse (z.B. hinsichtlich Sanierung und Modernisierung der Immobilie) einbringen. Wir machen uns stark für die Einbindung aller wohnungspolitischen Akteur*innen in den gesellschaftlichen Diskurs zu Belangen des Wohnens. Denn: Mieter*innen und Mitgesellschafter*innen kennen ihre (zukünftige) Immobilie und das Umfeld am besten. Deshalb muss ihr Wissen und ihre Meinung bei Bau oder Sanierung ebenso wie bei Miet- und Verwaltungsstrukturen einfließen - am besten vertraglich abgesichert.

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Kreditvolumen im Jahr 2022 in der Branche Wohnen

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des Gesamt-Kreditvolumens der GLS Bank

Benedikt Altrogge, Branchenkoordinator Wohnen
Benedikt Altrogge, Branchenkoordinator Wohnen

Die Wirkung im Überblick

Was haben wir als GLS Bank im Jahr 2022 gemeinsam mit unseren Firmenkund*innen konkret bewirkt? Wo sind wir bereits gut aufgestellt und bei welchen Themen bestehen noch Verbesserungspotentiale?
Allein durch unsere Kredite an Firmenkund*innen haben wir im letzten Jahr 1.220 neue Wohneinheiten ermöglicht. Zur Einordnung dieses Ergebnisses lassen sich verschiedene Vergleichsgrößen heranziehen. Blicken wir zunächst auf den Wohnungsmarkt in Deutschland: Nach Schätzung des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes wurden 2022 280.000 neue Wohnungen fertiggestellt. Das Ziel der Bundesregierung von 400.000 Wohnung wurde auch wegen der schwachen Konjunktur weit verfehlt. Der Anteil, der seitens der GLS Bank finanzierten Wohnungen beträgt damit 0,4 % und ist im Vergleich zum Vorjahr relativ und absolut gestiegen. Zu beachten ist hierbei, dass die GLS Bank neben den Krediten an Firmenkund*innen auch private Baufinanzierungen anbietet, wodurch der tatsächliche Anteil an den neuen Wohnungen in Deutschland höher ausfällt. Hinzu kommt, dass wir schwerpunktmäßig gemeinschaftliche Wohnprojekte finanzieren. Deshalb empfiehlt sich eine weitere Einordnung:
In den 1.220 finanzierten Wohneinheiten der GLS Bank sind vielfältige Projekte und Ansätze für gemeinschaftliches Wohnen enthalten, etwa der Ausbau eines Dachgeschosses oder Zusammenschluss mehrerer Mehrfamilienhäuser zu einer Wohnanlage.

Bei 72% der Projekte sind demokratischen Miet- und Verwaltungsstrukturen in der Satzung festgesetzt. Damit leisten wir einen Beitrag zu gemeinschaftlichen und langfristig orientierten Eigentumsformen, bei denen die Mitglieder der Wohnprojekte umfangreich in Entscheidungsprozesse eingebunden sind.
Unser Fokus liegt auf der Finanzierung bezahlbaren Wohnraums. Gleichzeitig ist uns bewusst, dass jeder Neubau, jede Sanierung und jede Nachverdichtung Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Nachbarschaft hat. Daher wollen wir noch besser verstehen, welche potenziell negativen Auswirkungen die von uns finanzierten Bauvorhaben auf die Umwelt haben und wo noch Potentiale bestehen, diese so weit wie möglich zu reduzieren. Vor diesem Hintergrund gehört die Qualität Nachhaltiges Bauen zu unserem Zukunftsbild der Branche Wohnen. Da jedes Bauvorhaben einzigartig ist, unterscheiden sich auch die genutzten Maßnahmen, um Aspekte des nachhaltigen Bauens einzubeziehen.

Foto: Johannes Buldmann

Zu den ökologischen Aspekten gehören bspw. der Einsatz regenerativer Energien (Photovoltaikanlage, Kleinwindkraftanlage, Solarthermie, Geothermie, Luftwärmepumpe o.ä.), die Steigerung der Energieeffizienz (z.B. stromsparende LEDs statt konventioneller Glühbirnen), Elektroladesäulen für Autos und/oder Fahrräder, die Verwendung von schadstoffarmen und ökologischen Baustoffen sowie Maßnahmen zur Reduzierung der Flächenversiegelung und des Flächenverbrauchs. Soziale Aspekte des nachhaltigen Bauens sind u.a. Maßnahmen zum barrierefreien Zugang zum Gebäude und allen Ebenen (z.B. durch Fahrstühle, extrabreite Türen und Blindenführung), Gemeinschafts- und Rückzugsräume sowie angemessene Spiel- und Sportmöglichkeiten.

Nachhaltige Baumaßnahmen

Sehr positiv ist, dass auch der Anteil der von uns im Jahr 2022 mitfinanzierten Wohneinheiten, die explizite Maßnahmen zur Förderung von Klima- und Umweltschutz durch nachhaltiges Bauen nutzen auf über 80% gestiegen ist. Knapp 19 % nutzen noch keine gezielten Maßnahmen für nachhaltiges Bauen. Dies kann mehrere Ursachen haben. Bauen ist in Deutschland verhältnismäßig teuer und stark reguliert. Auch wenn sich beispielsweise eine Photovoltaikanlage auf dem Dach mittelfristig auszahlt, erhöht sich dadurch zunächst der Finanzierungsbedarf. Nicht jede Genossenschaft oder jedes freie Wohnprojekt hat dafür – insbesondere in Zeiten von rasant steigenden Grundstücks- und Immobilienpreisen – den finanziellen Spielraum. Auch das Baurecht lässt nicht immer nachhaltige Baumaßnahmen zu. So könnte eine ökologische Dämmung und damit die Senkung des Energieverbrauchs am Denkmalschutz des Altbaus scheitern. Auch können nicht in jeden Bestandsbau ohne weiteres ein Fahrstuhl oder extrabreite Türen eingebaut werden. Und weil die Dachbegrünung laut den örtlichen bauordnungsrechtlichen Regelungen vielleicht nicht zu den anderen Dächern mit Ziegeln passt, müssen auch hier Abstriche gemacht werden. Steuerliche Aspekte können ebenfalls ein Hindernis auf dem Weg zu nachhaltigem Bauen darstellen. So gestaltet sich beispielsweise die Mieterstromnutzung bei Genossenschaften und weiteren Rechtsformen für Wohnprojekte als steuerlich schwer umsetzbar. Hinzu kommt, dass das Wissen hinsichtlich nachhaltiger Baumaßnahmen noch nicht bei allen Bauprojekten und Gemeinden vorhanden ist, etwa im Hinblick auf ökologische Bau- und Dämmstoffe.
 


So vielfältig wie die Maßnahmen für nachhaltiges Bauen gestaltet sich auch die Spanne des Finanzierungsvolumens unserer Firmenkund*innen für nachhaltige Baumaßnahmen. Interessant ist dabei die durchschnittliche Verteilung der Finanzierungsvolumina: Nur 27 % wenden keinen Anteil des Finanzierungsvolumens für nachhaltige Baumaßnahmen auf. 54 % nutzen über die Hälfte für nachhaltige Baumaßnahmen und 20 % der Wohnprojekte verwenden das gesamte Finanzierungsvolumen für Aspekte des nachhaltigen Bauens. Festzuhalten bleibt, dass der Spagat zwischen bezahlbarem Wohnraum, der geschaffen werden soll, und nachhaltigen Baumaßnahmen, die die Wohn- und Lebensqualität steigern, nicht in allen Fällen aufgelöst werden kann. Einen ersten Schritt sehen wir darin, diesen Spagat so früh wie möglich in Finanzierungsgesprächen anzusprechen und gute Lösungen für jedes individuelle Bauvorhaben zu finden.

Eine Grafik, die den Anteil des Finanzvolumens für nachhaltige Baumaßnahmen bei Wohnprojekten im Jahr 2022 darstellt.

Flächenversiegelung und andere ökologische Auswirkungen

Ein wichtiger Teilaspekt der ökologischen Schadschöpfung von Wohnprojekten ist das Maß des Flächenverbrauchs und der Flächenversiegelung. Laut Umweltbundesamt sind bereits 6,53 % der Gesamtfläche Deutschlands versiegelt.2 Was zunächst nach wenig klingt, bedeutet jedoch, dass wertvoller Boden und die damit verbundenen Ökosystemdienstleistungen des Bodens dauerhaft in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Hierzu gehören die Veränderung und Störung örtlicher und regionaler Wasserkreisläufe, eine verminderte Kühlungsleistung des Bodens sowie die Schädigung der Bodenfauna und damit der Bodenfruchtbarkeit. Hinzu kommt, dass eine Versiegelung des Bodens durch Beton, Asphalt oder Pflasterung nur sehr schwer – und meist nicht vollständig - rückgängig gemacht werden kann. Zwischen 1992 und 2018 hat laut Umweltbundesamt die Versiegelung des Bodens in Deutschland pro Jahr im Durchschnitt um 178 km2 zugenommen.2 In den Jahren 2020/2021 fiel die Flächenversiegelung mit 93 km2 zwar bereits deutlich geringer aus, lag damit aber immer noch bei 25 Hektar am Tag. Das entspricht umgerechnet 35 Fußballfeldern.

...meint die zusätzliche Inanspruchnahme von Boden für Siedlungsflächen, Verkehrswege und Flächen zur Erholung.

...meint die dauerhafte Versiegelung des Bodens, wodurch Niederschläge den Boden nicht mehr erreichen und damit letztlich die Funktionen des Bodens erheblich eingeschränkt werden.

Vor diesem Hintergrund fragen wir bei den von uns finanzierten Wohnprojekten nach, ob bereits aktiv Maßnahmen zur Reduzierung der Flächenversiegelung getroffen werden. Das Ergebnis: Im Jahr 2022 nutzten 48 % der Kreditnehmer*innen Maßnahmen, um die Flächenversiegelung zu verringern. Hierzu gehören u.a. die Nutzung bestehender Flächen, Nachverdichtungen auf bereits versiegelten Flächen sowie der Ausbau von Gebäuden in die Höhe durch Aufstockung oder Dachgeschossausbau. Dabei arbeitet die GLS Bank eng mit der Stiftung trias zusammen, die sich als gemeinnützige Stiftung gegen Bodenspekulationen und Bodenversiegelung und für gemeinschaftliche Wohnprojekte einsetzt.
Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch auch, dass bei etwa die Hälfte der durch die GLS Bank finanzierten Wohnprojekte noch keine gezielten Maßnahmen genutzt werden, um der Flächenversiegelung entgegenzusteuern. Dieses Ergebnis ist noch nicht zufriedenstellend. In der Praxis scheitert es oftmals an fehlenden Alternativen und am generellen, harten Wettbewerb um nutzbare Grundstücke. Wir möchten insbesondere niederschwellige Ansätze wie etwa Dachbegrünungen auch bei unseren Firmenkund*innen noch stärker anbringen und auf eine Verwirklichung hinarbeiten.

Bei unseren Finanzierungen ist es uns wichtig, dass sozial-ökologische Aspekte nicht nur zu Beginn des Bauvorhabens eine Rolle spielen, sondern fester und dauerhafter Bestandteil des Wohnprojekts sind. Auch über die Bauphase hinaus, können und sollten sozial-ökologische Aspekte berücksichtigt werden, etwa im Hinblick auf das Miteinander im Wohnprojekt und im Quartier, auf die Betriebsökologie des Gebäudes sowie bei möglichen Erweiterungen, Sanierungs- und Modernisierungsvorhaben – etwa die nachträgliche Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach. Ein wesentlicher Hebel, um dies zu ermöglichen, besteht in der Ausgestaltung der Satzung unserer Wohnprojekte (insbesondere bei Genossenschaften und Vereinen).
Hier zeigen unsere Ergebnisse: Bei den im Jahr 2022 finanzierten Projekten werden zu 96,8 % soziale und ethische Aspekte, etwa im Hinblick auf den Umgang mit Mitarbeiter*innen, berücksichtigt. In der Regel ist dies auch in der Satzung verankert (60,7 %).

Eine Grafik, die darstellt, wieviel Prozent der Wohnprojekte im Jahr 2022 ökologische und/ oder soziale Aspekte in ihrer Satzung verankert haben.

Soziale Aspekte

Neben den ökologischen Aspekten nachhaltiger Bau- und Wohnprojekte interessieren uns natürlich die sozialen und gesellschaftlichen Aspekte in der Branche und wie die von uns finanzierten Wohnprojekte diese fördern. Deshalb enthält unser Zukunftsbild die Qualitäten Soziale Vielfalt und Nutzungsrecht.

Die Verteilung von Wohnraum wird zunehmend zu einer der zentralen Gerechtigkeitsfragen. Durch unsere Erfahrung in der Branche Wohnen wissen wir: Die Lebensqualität ist oft dort am höchsten, wo Jung und Alt, Menschen unterschiedlicher Herkunft und mit unterschiedlichen Einkommen und Berufen, in einem bunten Kiez zusammenleben. Besonders geeignet sind hierfür gemeinschaftliche Wohnprojekte, die wir seit unserer Gründung mit unseren Finanzierungsangeboten ermöglichen. Umgekehrt setzen wir uns dafür ein, dem Trend zunehmender Gentrifizierung und Homogenisierung entgegenzuwirken. Unsere Ergebnisse zeigen: Bei 68 % der von uns mitfinanzierten Wohnungen setzen Kund*innen auf generationsübergreifendes Wohnen, und fördern damit die Diversität im Kiez. Immer mehr Menschen in Deutschland sind entweder alleinstehend (22,8 %) oder leben in Einzelhaushalten (42,3 %).3 Uns ist es wichtig, dass die von uns finanzierten Wohnprojekte einen starken Fokus auf generationsübergreifendes Wohnen legen und so die Gemeinschaft stärken.

Außerdem fördern 69 % der neu finanzierten Wohnprojekte aktiv die soziale Vielfalt im Quartier. Da passt es ins Bild, dass vieler unserer Kund*innen diese Leitidee bereits im Namen tragen. Schaut man sich unsere Kund*innen an, findet man immer wieder Begriffe wie alternativ, bunt, gemeinnützig, kreativ, solidarisch, genossenschaftlich und gemeinschaftlich.
Hinzu kommt, dass die von uns finanzierten Projekte aus dem Jahr 2022 zusammen mehr als 6.965 m2 Wohn- und Nutzflächen für Sonderwohnformen oder gemischte (gewerbliche) Nutzung freistellen. Das heißt die Bauvorhaben stellen neben den klassischen Wohnflächen auch Flächen für vielfältige Nutzungsmöglichkeiten bereit: Dazu können bspw. Läden im Erdgeschoss gehören, Wohnungen, die speziell an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung angepasst sind oder spezielle Wohnungen für Senior*innen und/oder pflegebedürftige Bewohner*innen. Durchschnittlich verfügen unsere Wohnprojekte über je 112 m2 Wohn- und Nutzfläche für Sonderwohnformen und schaffen so Platz zur Stärkung der Vielfalt im Quartier. Bezogen auf die gesamte Wohn- und Nutzfläche beträgt der Anteil der Fläche für Sonderwohnformen bei unseren Wohnprojekten 7 %. Wie sieht das in der Praxis aus?
Im baden-württembergischen Balingen ist unter dem Namen erlebnisreich wohnen ein gemeinschaftliches Mehrgenerationen-Wohnprojekt mit 29 barrierefreien Wohneinheiten entstanden. In sechs Haus-Einheiten, in der Mitte ein überdachtes Atrium, ist Platz entstanden für Menschen jeglichen Alters, sowie Gemeinschaftsräume und Bewohner*innen-Bistro.
Neben der Sozialen Vielfalt ist die Gestaltung der Nutzungsrechte ein wichtiger Baustein für gutes Wohnen. Darunter verstehen wir insbesondere die Stärkung der Rechte der Mieter*innen über das gesetzliche Maß hinaus, insbesondere hinsichtlich des Kündigungsschutzes. Gerade in Krisenzeiten – wie der aktuellen Energiekrise und Inflation – ist es wichtig, die Sicherheit zu haben, dauerhaft in der eigenen Mietwohnung leben zu können.

Wohnen und Profitinteressen

Eng verbunden mit der Frage nach der Laufzeit der Mieten und des Kündigungsschutzes ist der Aspekt der Profitorientierung. Im Zuge der stark gestiegenen Nachfrage nach Wohnungen in den deutschen Ballungszentren ist das Geschäftsmodell mit Mietwohnungen für viele Konzerne lukrativ geworden. Durch die geplante Übernahme der Deutsche Wohnen durch Vonovia gehören dem Konzern bald über eine halbe Millionen Wohneinheiten. Für den Wohnungsmarkt in Deutschland dürfte das weitere Spannungen bedeuten. Auch der soziale Wohnungsbau ist oft „nicht mehr das, was er einmal war“. Zu oft kommen Kommunen Investoren und Gesellschaften entgegen, um schnell bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, erlauben dafür aber kürzere Sozialbindung. Bei einem insgesamt eher schleppenden Bau von Sozialwohnungen wird dadurch der seit Jahren anhaltende Trend, dass unter dem Strich jedes Jahr weniger Sozialwohnungen zur Verfügung stehen als zuvor, verstärkt.

Und wie steht es um die Wohnprojekte der GLS Bank?

Insgesamt gibt es bei drei von vier unserer Projekte demokratische Mitbestimmungsrechte für Mieter*innen womit die Preise von der Marktmiete entkoppelt sind. 2022 lagen die von uns mitfinanzierten Wohnungen 5 % unter dem Mietspiegel. Auf lange Sicht wird der Effekt noch deutlicher: Langfristig liegen die Mietpreise bei einigen von uns finanzierten Wohnungsgenossenschaften bis zu 50% unter dem Mietspiegel.

Zukunft denken, verstehen und stärken

Gemeinsam mit unseren Kund*innen realisieren wir gemeinschaftliche Wohnprojekte, die lebenswerten und bezahlbaren Wohnraum schaffen und dabei die ökologischen Auswirkungen im Blick behalten und minimieren. Damit wir in Zukunft noch besser auf unsere Qualitäten nachhaltiges Bauen, soziale Vielfalt, bezahlbarer Wohnraum, Nutzungsrecht und Mitbestimmung einzahlen, wollen wir noch besser verstehen, wie wir unsere Kund*innen dabei unterstützen können, den ökologischen Fußabdruck der Wohnprojekte vor, während und nach dem Bau weiter zu reduzieren, etwa im Hinblick auf die Versiegelung des Bodens und die CO2-Intensität des Gebäudes.

Mehr über die Branche Wohnen

Wohnen ist Grundbedürfnis des Menschen und kann eine zentrale Bedingung für sozialen Frieden und gesellschaftlichen Zusammenhalt sein. Doch besonders in Großstädten sieht die aktuelle Situation ganz anders aus: Zwar werden neue Wohnungen und Häuser gebaut – aber die passen nicht immer zu dem, was die Bevölkerung braucht: bezahlbaren Wohnraum mit guter Infrastruktur und ÖPNV, Orte der Begegnung, Stadtgrün und einer guten Nachbarschaft.

Insgesamt beobachten wir eine Verschiebung der Nachfrage. In einigen Städten und Regionen wandern ganze Bevölkerungsschichten ab, in anderen wächst die Nachfrage nach Wohnraum extrem. Investor*innen spekulieren auf eine vergleichsweise hohe Rendite und treiben so die Immobilienpreise in die Höhe. Das führt zu einer Verknappung von günstigem Wohnraum und Mieten. Fazit: Wohnen in der Stadt kann sich nicht mehr jede*r leisten.

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland lebt zur Miete. Doch 60 % der Immobilien gehören nur einem Zehntel der Haushalte. Diese Besitzverhältnisse und Fremdbestimmung führen außerdem dazu, dass sich Mieter*innen zunehmend unmündig fühlen: Mieter*innen haben in der Regel wenig zu sagen, wenn es um Modernisierung geht oder darum, an wen vermietet wird.

Städte werden dabei oft zum Schauplatz der Trennung in Arm und Reich. 4 von 10 Mietshaushalten müssen über 30 % ihres Nettoeinkommens für die Miete aufbringen, jeder sechste Haushalt sogar über 40 %. Expert*innen zufolge übersteigt dies einen kritischen Schwellenwert – es bleibt zu wenig vom Einkommen für eine sichere Finanzierung des Lebens.

Steigende Mieten führen in Stadtteilen zu einer Entmischung von Bevölkerungsschichten (Gentrifizierung): Die Menschen im unteren Einkommensdrittel können sich die Mieten in Großstädten nicht mehr leisten, Migrant*innen werden auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert, Kulturschaffende, die ein Quartier attraktiv gemacht haben, ziehen auf der Suche nach Vielfalt, Kreativität und bezahlbarem Wohnraum weiter. 2022 wurden mit gerade einmal 22.000 Sozialwohnungen so wenige Wohnungen fertiggestellt wie seit 2016 nicht mehr. Auch insgesamt ist das Bauniveau mit der Zinswende stark gesunken. So hat das Wohnungsdefizit Ende 2022 eine Größe von 700.000 Wohnungen erreicht. Weil einkommensschwache oder ausländische Familien in ausgelagerte Bezirke ziehen, entstehen hier Parallelgesellschaften.

Für viele Menschen ist soziale Vielfalt in der Umgebung ein Lebenselixier. Die Bedeutung der Vielfalt geht dabei mit der Vorstellung eines stadt- und wohnräumlichen Ausdrucks von Gerechtigkeit einher. Die Stadt gehört allen. Soziale Vielfalt erlaubt Austausch, Kreativität, Offenheit, Mitbestimmung. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Eine wachsende Zahl von Stadtbewohner*innen befürchtet, dass die derzeitige Wohnsituation eine wachsende Spaltung der Gesellschaft widerspiegelt. Mit dem Idealbild einer diversen Gesellschaft, Solidarität und sozialer Heterogenität hat die aktuelle Situation tatsächlich leider nur wenig gemein.

Sanieren mit Herz, Neubau mit Bedacht

Die GLS Bank denkt im Dreischritt, wenn es um nachhaltiges Bauen geht: Sanieren zuerst, dann folgt die Nachverdichtung, als letzte Option der Neubau.

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Die eigenen vier Wände: 11 Tipps für nachhaltiges Wohnen

Wie wir heute wohnen, belastet unsere Umwelt und gefährdet zukünftige Generationen. Es wird daher Zeit, unseren Umgang mit den eigenen vier Wänden zu optimieren.

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Seit dem 1. Januar 2020 ist die Wirkungstransparenz im Kreditbereich der GLS Bank fest verankert. Zugeschnitten auf das jeweilige Geschäftsmodell und die Branche, erfassen unsere Berater*innen gemeinsam mit den Firmenkund*innen die entsprechenden Wirkungsdaten. Dabei beruhen einige Wirkungs-Datenpunkte auf Schätzungen bzw. auf der Einschätzung der Firmenkundenberater*innen. Im Jahr 2022 konnten wir bereits für 60% der Neukredite die sozial-ökologische Wirkung systematisch erfassen. Die Datenbasis für die Auswertungen auf dieser Seite sind Neufinanzierungen im Jahr 2022 in dieser Branche, erhoben im Wirkungstransparenzportal der GLS Bank.

1 Vgl. Deutsche Bundesbank, Gründe für die niedrige Wohneigentumsquote in Deutschland, 2020. Online verfügbar unter www.bundesbank.de/de/publikationen/forschung/research-brief/2020-30-wohneigentumsquote-822090

2 Vgl. Umweltbundesamt, Bodenversiegelung, 2022

3 Vgl. Statistisches Bundesamt, 2020